Tagebücher 1910 – 1923 ist eine Sammlung von Tagebuchaufzeichnungen Franz Kafkas, verfasst zwischen 1910 und 1923. Sie enthalten nicht nur persönliche Notizen, autobiographische Reflexionen, Elemente einer Selbstverständigung des Schriftstellers über sein Schreiben, sondern auch Aphorismen, Entwürfe für Erzählungen und zahlreiche literarische Fragmente.
Genre: FICTION / ClassicsDie Zuschauer erstarren, wenn der Zug vorbeifährt.
»Wenn er mich immer frägt.« Das ä, losgelöst vom Satz, flog dahin wie ein Ball auf der Wiese.
Sein Ernst bringt mich um. Den Kopf im Kragen, die Haare unbeweglich um den Schädel geordnet, die Muskeln unten an den Wangen an ihrem Platz gespannt ...
Ist der Wald noch immer da? Der Wald war noch so ziemlich da. Kaum aber war mein Blick zehn Schritte weit, ließ ich ab, wieder eingefangen vom langweiligen Gespräch.
Im dunklen Wald, im durchweichten Boden fand ich mich nur durch das Weiß seines Kragens zurecht.
Ich bat im Traum die Tänzerin Eduardowa, sie möchte doch den Csárdás noch einmal tanzen. Sie hatte einen breiten Streifen Schatten oder Licht mitten im Gesicht zwischen dem untern Stirnrand und der Mitte des Kinns. Gerade kam jemand mit den ekelhaften Bewegungen des unbewußten Intriganten, um ihr zu sagen, der Zug fahre gleich. Durch die Art, wie sie die Meldung anhörte, wurde mir schrecklich klar, daß sie nicht mehr tanzen werde. »Ich bin ein böses schlechtes Weib, nicht wahr?« sagte sie. »O nein«, sagte ich, » das nicht«, und wandte mich in eine beliebige Richtung zum Gehn. Vorher fragte ich sie über die vielen Blumen aus, die in ihrem Gürtel steckten. »Die sind von allen Fürsten Europas«, sagte sie. Ich dachte nach, was das für einen Sinn habe, daß diese Blumen, die frisch in dem Gürtel steckten, der Tänzerin Eduardowa von allen Fürsten Europas geschenkt worden waren.
Die Tänzerin Eduardowa, eine Liebhaberin der Musik, fährt wie überall so auch in der Elektrischen in Begleitung zweier Violinisten, die sie häufig spielen läßt.