Karin ist knapp Mitte dreißig und hat alles, was man sich nur wünschen kann: ein Haus, ein schickes Auto, eine eigene Versicherungsagentur. Ihr Leben scheint in ihren Augen perfekt zu sein. Alles verläuft in geregelten Bahnen.
Als sie den jungen Musiker Kai anfährt und seine Gitarre zerstört, wird ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Er entführt sie in eine Welt, die nicht die ihre ist, und zeigt ihr, was sie bisher alles verpasst hat. Und bald schlägt ihr Herz für ihn höher …
Aber kann die kopfgesteuerte Karin sich wirklich auf Kai und seine Art einlassen?
Top 100 der Amazon-Charts
Prolog
Abi-Abschlussball 2001
„Und jetzt möchte ich Karin Sonntag auf die Bühne bitten.“ Direktor Krämer blickte suchend von der Bühne herunter, ob sich jemand – außer den zum Kellnern rekrutierten Zwölftklässlern – bewegte.
Zögernd erhob ich mich von meinem Platz neben John, meinem Freund. Meine Eltern, die mir stolz zunickten, saßen uns gegenüber an dem langen Tisch. Und auch Johns Eltern, die neben meinen saßen, blickten mich anerkennend an. Ich hasste es, im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Lieber blieb ich im Hintergrund – im Schatten.
Doch heute blieb mir keine andere Wahl. Es war der Abend des Abschluss-Balls nach bestandenem Abitur in meiner Heimatstadt, einer Kreis-Stadt im Schwarzwald nahe der Schweizer Grenze. Nach getaner Arbeit und Lernerei war nun die Zeit zum Feiern gekommen – aber auch die Zeit, um Luft zu holen und sich neu zu orientieren. Das Schülerleben war vorbei.
Von Mitte Juni bis Ende Juli hatte ich jetzt frei. Danach würde ich meine Ausbildung zur Versicherungskauffrau in einer großen Versicherung anfangen. Bei meinem Abi-Schnitt konnte ich mir aus zehn verschiedenen Stellen meinen Traumjob aussuchen. Ich liebte den Umgang mit Zahlen und Statistiken. Daher war meine Wahl auf diesen Beruf gefallen. Dass ich dabei mit Menschen arbeiten musste, war ein notwendiges Übel, das ich in Kauf nahm. Denn ich war eher analytisch veranlagt und verfolgte meine gesteckten Ziele auf geradem Weg, ohne links und rechts zu schauen. Emotionen waren für mich ein Gräuel. Wenn ich andere trösten sollte, wusste ich nicht wirklich, was ich sagen und tun sollte. Und ich selber hasste es, meinen Gefühlen vor anderen freien Lauf zu lassen.